Communication4All

Für mobilitätseingeschränkte Personen bestehen vielfältige Zugangsbarrieren zur Luftfahrt, welche insbesondere in der Flugzeugkabine virulent sind. Es ist bekannt, dass es besonders im Bereich der Kommunikation zwischen betroffenen Personen und der Crew in vielfacher Hinsicht für beide Seiten teils große Einschränkungen gibt. Communication4All hat zu Ziel, zu klären, ob es möglich ist, eine Kommunikations-Applikation zu erstellen, die den unterschiedlichen Anforderungen aller mobilitätseingeschränkter Personen gänzlich entspricht und durch alle genutzt werden kann und sowohl für die betroffenen Personen als auch für die Crew entscheidende Erleichterungen im Reiseverlauf bringt.  

Auftraggeber: bmvit, TAKE OFF, Ausschreibung 2016

Laufzeit: September 2017 bis Februar 2019 (18 Monate)

Projektpartner: Fachhochschule Joanneum Graz GesmbH; Rodlauer Consulting GesmbH; TU-Wien, Institut für Verkehrswissenschaften; Austrian Airlines AG; IT-eXperience Informationstechnologie GesmbH

LOI-Partner: Flughafen Salzburg AG; ÖAR – Dachorganisation der Behindertenverbände Österreichs; Re-mobility; Club 81 – St.Pölten; knack:punkt – selbstbestimmt Leben Salzburg; Equality; Safe-Runway GmbH

Projektbeschreibung: Aus dem Sondierungsprojekt Cabin4All, in dem die Anforderungen mobilitätseingeschränkter Personen im Flugverkehr tiefgehend untersucht und konkrete Maßnahmen zur Verbesserung der Barrierefreiheit definiert wurden, ist bekannt, dass es insbesondere im Bereich der Kommunikation zwischen mobilitätseingeschränkten Personen und dem „System der Luftfahrt“ entlang der gesamten Mobilitätskette umfangreichen Verbesserungsbedarf gibt. Gleichzeitig verdeutlicht das Projekt, dass durch geeignete Kommunikationsmöglichkeiten die Reisequalität mobilitätseingeschränkter Personen deutlich verbessert und gleichzeitig das Personal spürbar entlastet werden kann. Buchungsprozesse und Services hinsichtlich der Mobilität in den Flughäfen entsprechen weitestgehend den Anforderungen der Barrierefreiheit. Große Probleme zeigen sich jedoch beim Aufenthalt in der Flugzeugkabine beziehungsweise generell beim „Handling“ mobilitätseingeschränkter Personen. Beispielsweise müssen gehbehinderte Personen, die einen Rollstuhl benötigen, sowohl im Flughafen als auch im Flugzeug in spezielle (Onboard)Rollstühle umgesetzt werden. Für solche Umsetzvorgänge ist häufig Unterstützung durch das Personal erforderlich. Je Krankheitsbild kann eine falsch angewandte Unterstützung jedoch rasch schmerzhaft werden.

Während des Fluges bedürfen mobilitätseingeschränkte Personen oftmals zielgerichtete Unterstützung, beispielsweise, wenn wieder ein Umsetzen vom Sitzplatz in einen Onboardrollstuhl erforderlich ist, um die Toilette zu erreichen. Ein weiteres Beispiel sind seh- und höreingeschränkte Personen, Personen mit Kommunikationsschwierigkeiten oder Sprachunkundige. Für das Flugpersonal entsteht auf der anderen Seite oft die Schwierigkeit, dass es trotz intensiver Schulungen in vielen Situationen nicht über die notwendigen Informationen verfügt, um effektive Unterstützung im Sinne der Betroffenen bieten zu können.

Cabin4All hat gezeigt, dass über mobiltelefonbasierte Unterstützungsmaßnahmen in vielen Phasen entlang der Mobilitätskette bidirektional die wesentlichen Informationen ausgetauscht werden können, die sowohl eine effektive Unterstützung betroffener Personen ermöglicht, als auch das Personal entlastet und neben allgemeinen Kunden/-inneninformationen auch sicherheitsrelevante Aspekte abdecken kann. Beispielsweise können Personen, die Hilfe benötigen, erforderliche spezifische Informationen bereits im Vorfeld über eine App hochladen, die dann das jeweils betroffene Personal erhält. Zum Beispiel können Informationen zum spezifischen korrekten Angreifen einer Person beim Umsetzen hinterlegt werden. Während des Fluges kann eine Person jederzeit und zielgerichtet Hilfe anfordern sowie mit auf sie persönlich zugeschnittene Informationen versorgt werden. Mobilitätseingeschränkte Personen sind im Umgang mit Smartphones im Regelfall gut vertraut und nutzen oft sehr spezifische, für ihre persönliche Situation passende Apps zur Verbesserung der Kommunikation und Mobilität.

Der Einsatz mobiltelefonbasierter Unterstützung, insbesondere während eins Fluges, beinhaltet jedoch eine Vielfalt offener und bislang nicht hinreichend gelöster Fragen und Probleme. Aus technischer Sicht muss sichergestellt sein, dass das System nicht nur einwandfrei funktioniert sondern sowohl die Einbindung in Onboardsysteme problemlos möglich ist und gleichzeitig alle technischen und Sicherheitsanforderungen eingehalten werden. Aus der Sicht der mobilitätseingeschränkten Personen besteht die große Herausforderung, dass eine entsprechende Applikation möglichst einfach funktioniert und durch alle mobilitätseingeschränkten Personen bedient werden kann und gleichzeitig alle erforderlichen Informationen verarbeitet und bidirektional übermittelt werden können.

Ziel und Inhalt des Projektes Communication4All ist es, durch fundierte Forschung herauszufinden, ob eine App für Mobiltelefone so konzipiert werden kann, dass alle Anforderungen der Luftfahrt aus technischer, betrieblicher, rechtlicher und sicherheitsrelevanter Sicht vollumfänglich entsprochen wird und andererseits durch Personen mit unterschiedlichsten Mobilitätseinschränkungen effektiv genutzt werden kann. Dabei steht hinsichtlich der Usability eine möglichst einfache Bedienung im Vordergrund, wobei möglichst alle denkbaren Einsatzszenarien bestmöglich und vollumfänglich abgedeckt sein müssen. Im Projekt werden alle Anforderungen an eine barrierefreie Kommunikations-Applikation sowohl aus dem Blickwinkel der mobilitätseingeschränkten Personen als auch aus dem Blickwinkel der Luftfahrt tiefgehend erhoben und aufbereitet (mittels Befragungen, Experten/-innengespräche und Workshops, konsortiumsinternes Know-how). Aufbauend auf diese Erkenntnisse wird eine Kommunikations-Applikation konzipiert und in mehreren Feedbackschleifen mit betroffenen Personen und Airlines hinsichtlich der Usability evaluiert. Für eine realitätsnahe Evaluierung wird eine Test-Applikation in Form eines Mock-Ups erstellt und getestet. Bereits während der Konzeptionsphase wird es in mehreren Feedbackschleifen mit geeigneten Testpersonen und Airlines die grundsätzliche Machbarkeit und vor allem die Usability laufend überprüft. Der Mock-Up wird schlussendlich durch mobilitätseingeschränkte Testpersonen sowie durch Personal offline, in einer eigenen Testumgebung getestet und nach Feedback gegebenenfalls angepasst. Nach einer abschließenden Usabilitytestphase werden die testenden Personen umfangreich zu ihren Eindrücken und Verbesserungsvorschlägen befragt.

Ergebnis und Mehrwert von Communication4All ist die Machbarkeitsüberprüfung einer barrierefreien Kommunikations-Applikation, die insbesondere mobilitätseingeschränkten Personen zur zielgerichteten Kommunikation von spezifischen Anforderungen und spontanen Anfrage von Unterstützungsmaßnahmen entlang der gesamten Reisekette dient und somit eine wesentliche Erleichterung für die betroffenen Personen und für das Personal darstellt. Da der Aufwand einer Entwicklung aus heutiger Sicht aufgrund der vielen nicht hinreichend gelösten Herausforderungen als sehr groß erachtet wird, wird das bestehende Risiko in einem ersten Schritt durch ein bewusst überschaubar konzipiertes industrielles Forschungsprojekt im Vorfeld dadurch reduziert, dass durch intensive Forschung mit speziellem Fokus auf die Usability definiert werden soll, welche Anforderungen eine entsprechende Applikation überhaupt erfüllen muss und kann und ob diese realistisch in Zukunft umgesetzt werden könnte.

Ansprechpartner: DI Dr. Bernhard Rüger